Unsicherheit

Ein Zustand, den viele von uns nicht haben möchten / weg haben möchten.

Ich bin unsicher – und das bedeutet möglicherweise:

  • Ich krieg nichts auf die Reihe
  • Die Anderen sind besser als ich, jedenfalls immer sicher
  • Ich muss stark sein, sonst werde ich nicht gehört / fährt man über mich drüber
  • Ich bin hilflos und brauche Schutz. Hilflosigkeit ist eine „schlechte“ Eigenschaft
  • Es zieht mir den Boden unter den Füßen weg, ich muss immer alles unter Kontrolle haben / ich   k a n n   alles kontrollieren
  • Ich bin nicht gut genug / nicht tüchtig genug
  • Es ist wichtig, immer alles im Griff zu haben – und mehr als das, es ist sogar möglich, wenn ich mich nur genug anstrenge
  • Ich bin nichts wert (meist im Vergleich mit Anderen)
  • Ich habe keine Ahnung, wie es weitergeht – und „sollte“ aber eine Ahnung haben. Irgendwie fehlt das Vertrauen in das Leben.
  • Das Leben meint es nicht gut mit mir

Aber wenn du sagst, ich habe keine Ahnung wie es weitergeht, gibt das erst einmal eine Verschnaufpause / eine Pause im Lauf der Dinge. Es lässt uns stehen bleiben, innehalten, abwarten, lauschen, ….

Es gibt Menschen, die augenblicklich mit einem Rat zur Seite stehen, wie dieser Unsicherheit beizukommen sei, anstatt sie auszuhalten, dass das Leben eben grad so ist, wie es ist. Und dieses „grad“ kann sehr lange dauern, Jahre sogar, lebenslänglich vielleicht.

Vor vielen Jahren habe ich einmal erlebt, wie in einer größeren Gemeinschaft von Menschen, die sich regelmäßig treffen, eine Frau aufstand, und sagte „er ist ausgezogen“. Nach einer langen Zeit der Stille stand hinten ein Mann auf „ja, ich bin ausgezogen, und ich weiß nicht, wie es weitergeht“. Mir sind die Tränen gekommen über so viel Offenheit, dem Eingeständnis einer gescheiterten Ehe und aller Hilflosigkeit. Niemand war mit Ratschlägen zur Seite. Und doch hat die ganze Gruppe diese beiden Menschen getragen.

Der Punkt des Nichtwissens – was für ein kostbarer Moment!

Manchmal, wenn ich unsicher bin, setze ich mich hin und horche in diesen Zustand hinein. Was ist da grad? Was spüre ich eigentlich? Worum geht es mir in meinem Herzen? Ich lasse das einfach, lasse auch die Tränen kommen, falls sie kommen wollen. Ich gebe all dem einfach Zeit. Äußerst selten wandelt sich die Unsicherheit in Sicherheit. Aber immer wandelt sich der Druck in mir drinnen. Das Zulassen der Unsicherheit als einen Teil meines Lebens anzuerkennen gibt mir Frieden, lässt mich wieder lebendig sein und oft genug kommt auch die Lebensfreude wieder zurück.

Dann kenne ich auch Unsicherheiten, die sich über Jahre ziehen. Damit gehe ich schwanger und ich weiß nicht, wie lange. Ich weiß nur, dass die Zeit noch nicht reif für eine Entscheidung ist. Also lasse ich erst einmal alles, wie es ist. Aber ich trage die Sache in meinem Herzen, beleuchte sie immer wieder einmal von verschiedenen Seiten, lasse sie wieder ruhen, nehme die Spur wieder auf, …..

Die Unsicherheit ist ein Teil des Lebens selbst, ist dem Leben immanent/innewohnend. Vielleicht sogar das Leben selbst. Denn im Grunde genommen ist alles immer in Bewegung. Kein Atom, kein Quark stand jemals still.

Was macht es aus, wenn ich bis zum Lebensende nicht weiß, was ich will, wie ich mich entscheiden soll, ob der Partner wohl der Richtige ist, ob der Job meine Berufung ist, …?
Wer ist dieses „ICH“? Wer ist dieses Ich, das etwas wissen „sollte“ und nicht unsicher sein darf? Und haben wir nicht alle schon einmal erlebt, dass einmal getroffene Entscheidungen sich als doch nicht so optimal herausstellten, wie ursprünglich angenommen? So what? Wo alles falsch ist, ist auch alles richtig“ – sagte einmal eine liebe Freundin zu mir.

Mit unseren Gedanken, unserem Denken geben wir den Dingen die Bedeutung. Wenn wir anders über sie denken würden, hätten sie eine andere Bedeutung. Unsere Gedanken über eine Sache erschafft ihre „Realität“ – nicht umgekehrt.

The Work of Byron Katie ist eine wunderbar praktische „Methode“, die Gedanken zu hinterfragen. Sie ist nicht für Menschen, die im Recht sein wollen, sondern für Menschen, die der eigenen, inneren Wahrheit näher kommen wollen: https://www.maria-stachel.at/tw/

Der Punkt des Nichtwissens – was für ein kostbarer Moment!

In diesen besonderen Phasen unseres Lebens steht die Welt still und offen, da ist alles möglich. Welch ein Geschenk, dass es so was wie Unsicherheit gibt! Und welch ein Geschenk, Menschen zu begegnen, die einfach in all ihrer Unsicherheit dastehen können. Die stehen bleiben und nichts überspielen mit Aktivitäten aller Art.

Dort liegt mein ganzes Herz